2016: Die Rückkehr der Prinzessin ohne Land

(Die Prinzessin ohne Land II,

Folge der Weihnachtsgeschichte vom Jahr 2010)

Von der Grausamkeit des Scheiterns einer persönlichen Entwicklung und von den Unschuldigen, die geschädigt werden

 

Das stille Grab

Nach weiteren langen Jahren stand eines Tages ein Mann vor dieser Franziskanerkirche. Er war vom Leben gezeichnet, sehr alt und er hinkte. Auch hatte er irgendwie einen schiefen Rücken. Das Leben war wohl nicht sehr gut zu ihm gewesen.

Am Portal saß ein Mann.

Der vom Leben Gezeichnete schaute ihn an. Er kannte ihn, nur dass dieser noch so aussah, wie vor langer, langer Zeit.

Der Mann, der am Portal saß, sagte: „Troubadour, Du bist zurück?" Der Troubadour sagte: „Oh, Du kennst mich noch?"

Der Mann am Portal sagte: „Ich bin doch nur wegen Dir da."

„Ich komme zum Grab."

„Ja," sagte der Mann, „ich weiß. Bist Du Dir sicher?"

Der Troubadour schaute den Mann an und sagte „Wieso stellst Du so eine Frage, Du weißt doch, dass ich vor langen Jahren die Sicherheit hinter mir gelassen habe."

Der Mann am Portal sah den Troubadour an und fragte erneut: „Bist Du Dir sicher?" „Nein", antwortet dieser und ging in die Franziskanerkirche hinein bis zu diesem Grab.

Es war ein Doppelgrab, aber nur mit einem Namen: Die Prinzessin ohne Land.

Man konnte die Inschrift gerade noch lesen, da viele Leute in dieser alten Kirche auf und ab gingen. Das Grab sah auch schon aus, als hätten die Menschen das alles schon lange vergessen.

Der Troubadour fühlte sich sehr alleine.

Der Troubadour blieb vor dem Grab stehen und ließ sich ein. Es war wie ein Tagtraum, …

 

Die Reise ins Land der Prinzessin ohne Land

… Er wartete jedoch lange. Der Troubadour kam nie mehr sein Zeug holen.

Menschen aus den umliegenden Dörfern berichteten jedoch, dass sie einen Mann mit einer kleinen Gestalt gesehen hatten. Sie berichteten alle, dass sich dieser Mann ganz intensiv mit dieser kleinen Gestalt unterhielt. Ebenfalls berichteten sie, dass beide weinten.

Nur die Mutigsten unter ihnen flüsterten: „Sie sind auf dem Weg in das Land der Prinzessin ohne Land. Stehe ihnen Gott bei."

Der Troubadour und sein Gnom gingen Hand in Hand eine Weile weiter und sie weinten leise, beide auch sicherlich zum Glück, dass sie sich jetzt so an der Hand nehmen konnten.

Der Gnom sagte: „Ich bin Dir dankbar, dass Du mich rausgelassen hast."

Der Troubadour sagte: „Ich hoffe, es war kein Fehler, aber ich merke, es war richtig."

„Sag mir Gnom, weißt Du wo das Land der Prinzessin ohne Land ist?"

Der Gnom sagte: „Ja."

Der Troubadour blieb erstaunt stehen: „Aber dann sage, mir doch, wo es ist, dann müssen wir dort hingehen, denn da ist die Prinzessin ohne Land mit ihrem Gnom und mit denen, die damals alle ausgezogen sind mit ihrem Gnom."

Der Troubadour spürte, dass er böse wurde und der Gnom reagiert sofort. „Troubadour, Du hast grausame Gedanken. Du weißt, dass Du mich damit wachsen lässt. Du wirst dann auch wiederum grausam. So ist die Regel."

Der Troubadour beruhigte sich sofort und sagte: „Ja, Entschuldigung. Du hast Recht. So frage ich Dich noch einmal sehr freundlich lieber Gnom, kannst Du mir sagen, wo das Land ist?"

Der Gnom lächelte verschmitzt und sagte: „Wir sind schon da!"

Der Troubadour spürte kurz wieder Wut. Der Gnom reagierte wieder. Doch plötzlich sah der Troubadour vor sich ein Dorf liegen in dem Menschen auf der Straße umherliefen, die auch die ganze Zeit eine kleine Gestalt neben sich hatten.

Der Troubadour verstand und er wusste, hier bin ich im Land.

Sie gingen beide auf das Dorf zu.

 

Heimat finden im Land der Prinzessin ohne Land

Der Troubadour und sein Gnom kamen auf dem Dorfplatz an. Vor der Kirche stand eine große Linde, die, da es Frühjahr war, hellgrün leuchtete und von überall kamen Menschen auf diesen Platz geströmt. Alle hatten ihren Gnom dabei und sie beäugten den Neuen mit lächelndem Gesicht. Manche sagten: „Willkommen." Manche sagten: „Wie schön, dass Ihr beide auch da seid." Manche sagten: „Wir freuen uns auf Euch." Der Gnom, der viele Gnome sah, war völlig überfordert, weil einer häßlicher als der andere war und er wusste um seine eigene Hässlichkeit. Weil die Gnome dieses Gefühl gut kannten, sagten sie: „Lieber Gnom des Troubadours, hab keine Angst. Hier sind wir frei. Hier dürfen wir einfach sein. Grausamkeit darf hier so leben, dass sie nicht mehr grausam ist. Du auch, weil Du ebenfalls hier herzlich willkommen bist."

Der Troubadour, der bisher still war, räusperte sich etwas und sagte: „Ich bin ja nur ein Troubadour und in dem anderen Land war ich ein Taugenichts. Ich weiß gar nicht, ob ich hier zu etwas nütze sein kann."

Es wollten bereits mehrere Gnome und Menschen ihre Stimme erheben, um ihm das zu erklären, wie es in diesem Land anders war als in dem anderen, jedoch wurde es plötzlich still und die Menschen stoben auseinander und bildeten eine Gasse an der Kirche vorbei.

Von Weitem sah man die Prinzessin in einem wunderschönen Kleid mit ihrem Gnom auf dem Arm kommen.

Die Stille wurde so laut, dass sie kaum noch auszuhalten war. Die Menschen verneigten sich. Offensichtlich genoss die Prinzessin auch hier großen Respekt, so wie sie in alten Zeiten als sehr Grausame, die Tradition ihrer Eltern übernehmend, bekannt war.

Es wurde still.

Der Troubadour und sein Gnom sahen sich an und keiner von den beiden wusste, was sie jetzt tun sollen. Sicherheitshalber hat der Troubadour seinen Gnom ebenfalls auf den Arm genommen und so, wie er es in der alten Welt gelernt hat, kniete er nieder. Die Prinzessin sagte mit einer festen Stimme: „Troubadour steh auf, hier brauchst Du das nicht mehr. Sei willkommen hier bei uns und pflege Deine Beziehung zu Deinem Gnom. Das alleine reicht. Du fragtest nach der Nützlichkeit. Weißt Du, das ergibt sich hier. Das Einbinden Deiner Grausamkeit, die Beziehung zu Deinem Gnom, das freie Leben Deines Gnoms hier, das reicht für ein Leben."

Der Troubadour flüsterte nach und schaute sich seinen häßlichen Gnom auf seinem Arm an. „Die Beziehung zu meinem Gnom, reicht für ein Leben?" und er spürte seinen Zweifel. Der Gnom reagierte und schaute ihn etwas böse an. Die Prinzessin sagte: „Es ist wirklich so hier."

Ein älterer Herr sagte zum Troubadour: „Komm mit, bei mir ist das Haus nebenan noch frei, da könnt ihr wohnen." Der Troubadour erkannte einer der grausamsten Barone und sein Gnom in der anderen Welt.

Der Baron lächelte und sagte: „Ja, ich verstehe dass ihr Angst habt. Ich war ein sehr grausamer Baron und habe viele an den Henker und an den Folterknecht ausgeliefert." Er hatte an seiner Seite einen besonders häßlichen Gnom, der aber die Neuankömmlinge mit großen, begeisterten Augen anschaute. Er sagte: „Seid gewiss, wir kommen mittlerweile gut klar und ich muss nicht mehr die Grausamkeit spielen", und sie gingen vom Dorfplatz.

Von dem Zeitpunkt an war der Troubadour und sein Gnom Nachbarn von diesem grausamen Baron und er übernahm die Musikfeste, das Singen und Musizieren in der Kirche und spielte auch öfters in der Dorfkneipe einfach so, um den Tag ausklingen zu lassen. Beide gingen in die Gnomschule, die mittlerweile von der Prinzessin eingerichtet war, um zu lernen wie sie beide sehr zusammenhingen, der Troubadour und seine Grausamkeit in Form des Gnoms.

Es war komisch die Geschichten der Gnome zu hören, die erzählten wie es zu Beginn war und wie es jetzt ist. Auch die Prinzessin kam immer wieder und erzählte immer wieder, wie es für sie war, als sie damals auszog und wie es vorher war. Der Troubadour und sein Gnom waren dann sehr verbunden.

 

Die unglaubliche Nähe

Der alte Mann, der neben dem Troubadour wohnte, saß in der Kneipe und sagte zum Wirt, dessen Gnom gerade auf dem Weinfass tanzte, „Hast Du es schon gesehen?"

„Mmmhh", meinte der Wirt, „wenn Du das Gleiche meinst wie ich, dann ja". Sie schauten sich eine Weile in die Augen und sie schwiegen wieder.

Der alte Mann schaute in sein Weinglas.

Draußen vor der Kneipe tollten die beiden Gnome von der Prinzessin und dem Troubadour herum. Sie kletterten flink in den Baum, spielten dort und waren einfach glücklich.

Zwei Frauen kamen gerade vom Waschen am Bach zurück und schauten fröhlich in den Baum hinein. Die eine sagte zur anderen „Schau mal, man glaubt fast, es sind Zwillinge." Die andere schaute hoch und sagte: „Ja, tatsächlich."

Bei näherer Beobachtung war es tatsächlich so. Der Gnom der Prinzessin und der Gnom des Troubadours glichen sich immer mehr.

„Jetzt, wo ich daran denke", sagte die eine Frau, „die Prinzessin und der Troubadour sieht man ja auch immer öfters zusammen". „Ja, stimmt", sagte die andere. Und so war es auch. Die Prinzessin und der Troubadour sah man öfters am Dorfbach sitzen und miteinander reden, dann sah man sie wieder in dem kleinen Wäldchen spazieren gehen oder man sah sie auch einfach unter der Linde im Dorf sitzen.

Irgendwie merkten die Leute, dass man sie besser in Ruhe zu lassen hat, denn sie waren so etwas wie abgekapselt.

Die beiden Gnome trollten und spielten miteinander und es war alles gut.

Alle freuten sich über diese Entwicklung und fanden das einfach spannend.

Nur der alte Mann und der Wirt reagierten auf dieses Thema eher abweisend und mürrisch, aber niemand nahm sie wirklich ernst.

Nach vielen Monaten, wo jeder sich an diese Nähe zwischen der Prinzessin und dem Troubadour gewöhnt hatte, mittlerweile waren die Gnome so gleich geworden, dass man sie definitiv nicht mehr unterscheiden konnte und die Leute sich immer irrten, wenn sie einer von beiden ansprachen, rief die Prinzessin das ganze Dorf auf dem Dorfplatz vor der Kirche zusammen. Alle waren sehr gespannt, weil sie wussten, dass jetzt sicherlich etwas Wichtiges kommen würde.

Die Prinzessin ohne Land machte nie Ansprachen, denn eigentlich war sie ja gar keine Prinzessin, sondern sie hieß aus ihrem früheren Leben so.

Ehe sie begann wischte sie sich einige Tränen weg und es wurde in der Menge sehr still.

„Liebe alle, ich möchte Euch heute sagen, der Troubadour und ich, wir sind ein Paar."

Ein Raunen ging durch die Menge, eher ein gelangweiltes, weil irgendwie wussten das ja alle schon.

Die Prinzessin lächelte und sagte entschuldigend: „Ja, ich weiß, das ist jetzt nicht gerade eine Neuigkeit. Die echte Neuigkeit ist es, dass wir auf unseren Sohn warten, der jetzt bald geboren wird."

Das Raunen wurde erstaunter, weil plötzlich alle merkten, dass in diesem komischen Land, ohne dass sich je jemand einen Gedanken gemacht hat, es das erste Kind war. Als das allen bewusst wurde ging ein Freudenschrei durch das ganze Dorf und alle hatten Tränen in den Augen.

Die Prinzessin sagte: „Das eigentlich Wichtige, was ich", sie korrigierte sich, „was wir sagen wollen, wir möchten dieses Kind so betreuen, dass es nie einen Gnom braucht, um die Bosheit abzukapseln und wir möchten Euch bitten, dass Ihr alle helft."

Das Dorf war plötzlich still und man hörte den Wind etwas durch die Gassen fegen und alle waren sehr ergriffen. Alle dachten an ihre Kindheit, wo sie herkamen.

Alle dachten an diese Grausamkeiten, die sie erlebt hatten und wie das Leben eigentlich ohne Gnom wäre. Alle Gnome saßen plötzlich auch mit Tränen in den Augen und sie fühlten wie schön es wäre, eins zu sein mit den Menschen, zu denen sie gehörten.

Dieser Tag war wohl ein besonderer in dem Land der Prinzessin ohne Land.

 

Der alte Mann und die Prinzessin

Nach einigen Monaten, die weiter in dieses Land der Prinzessin ohne Land hineinzogen, wurde es langsam Frühjahr, und es war die Zeit kurz bevor die Geburt des Sohnes der Prinzessin und des Troubadours angesagt war.

Der alte Mann, der ehemalige Nachbar des Troubadours, denn der Troubadour wohnte mittlerweile bei der Prinzessin, ging an einem Abend zur Prinzessin. Die Prinzessin saß in ihrem Garten mit ihrem Gnom. Ihr Bauch war schon deutlich rund.

Die Knospen kamen bereits an den Gehölzen im Garten und es war so ein Abend, wo man sich auf den Sommer freute.

„Sei willkommen alter Mann", sagte die Prinzessin.

Der alte Mann sah die Prinzessin an, setzte sich und er schaute auf die Prinzessin und dann auf den Gnom und sagte zur Prinzessin: „Prinzessin, es ist gefährlich, was ihr macht. Vielleicht wollt ihr zu viel. Es ist schon ein großes Glück hier mit unseren Gnomen und nicht gegen sie leben zu können und jetzt wollt ihr einen Sohn, der ohne Gnom lebt. Seid vorsichtig ihr beiden und sorgt gut für Euch, weil nach der Geburt des Sohnes alles anders ist. Reizt das Glück nicht bis aufs Messer. Das schafft Ihr nicht."

Die Prinzessin zog die Augenbrauen zusammen und zum allerersten mal seit Jahren reagierte der Gnom sofort. „Alter Mann", sagte die Prinzessin, „fort mit Dir, du schwarzer Rabe. Was willst Du hier?" Die Prinzessin war wütend. Der Gnom schaute besonders häßlich in Richtung alter Mann und der alte Mann nahm seinen Gnom sofort auf den Schoß und sagte: „Hab keine Angst, mein Gnom. Für uns bleibt alles beim Alten" und er schaute die Prinzessin traurig an und ging tatsächlich fort.

Die Prinzessin zog es vor, daran nicht mehr zu denken.

 

Die glückliche Zeit

In diesem Frühjahr noch wurde Jesoph geboren. Der Troubadour und die Prinzessin nannten ihn so. Es war ein großes Fest im ganzen Dorf. Alle Gnome und alle die dazugehörigen Menschen feierten diese Geburt und fühlten sich glücklich und alle nahmen sich vor zu helfen, dass Jesoph kein Gnom braucht.

Manche fragten sogar ihren Gnom: „Sag mal Gnom, wie ist es denn für Dich, dass wir alle damit arbeiten, dass Jesoph kein Gnom hat. Ist es gut? Stell Dir einmal vor, es wäre bei mir so gewesen, dann würdest Du ja gar nicht existieren." Der Gnom lächelte vielwissend und sagte: „Ja, ich verstehe, was Du meinst, aber weißt Du, die Vorstellung einfach mit Dir so eins zu sein, dass ich in Dir lebe, ist so eine schöne, dass ich dabei gerne mithelfe." Sie schauten sich beide an und weinten eine Träne.

So konnten die Gnome gut mit dieser Situation leben.

Jesoph wurde schnell größer und spielte im Dorf ganz viel mit den Gnomen und war ein sehr, sehr glückliches Kind.

Der Troubadour und die Prinzessin ohne Land sah man häufig als glückliches Paar durchs Dorf gehen und die beiden Gnome als Zwillingspaar waren nie weit weg.

Der Troubadour kümmerte sich sehr viel um seinen Sohn und die Prinzessin und der Prinz genoss dies.

Und irgendwie war es auch so, dass der Troubadour sich um alles Häusliche mit dem Sohn kümmerte, während die Prinzessin oft mit ihrem Sohn glücklich durchs Dorf stolzierte.

Niemand störte das und es war alles gut.

Der Troubadour saß oft unter der Linde und erzählte anderen, wie glücklich er sei mit Jesoph, weil er so viel aus seiner Kindheit neu erlebt. Er erzählte, dass er geschlagen wurde. Er erzählte, dass sein Vater sich gar nicht um ihn kümmerte. Er erzählte auch, dass die Mutter ihn eigentlich gar nicht haben wollte, so dass er eher einsam und alleine aufwuchs. „Ich genieße diese Zeit mit Jesoph hier mit Euch und ich kümmere mich so gerne um ihn, dass ich mich freue, in einer gewissen Form auch mein Leben wieder mit zu erleben."

In diesen Momenten saß der Gnom auf seinem Schoß und schmiegte sich eng an den Troubadour. Er weinte oft, weil er wusste, dass er in dieser Zeit geboren war.

„Und ich musste ja dann auch meinen Gnom verstecken in der Nische, die für die Gnome eingerichtet war in unserem Keller. Hatte auch diesen blöden Schlüssel, den ihr alle um den Hals hattet und schaut mal Jesoph, wie er hier ganz frei rumtollt."

Viele Menschen hörten dem Troubadour bei diesen Geschichten zu, weil sie hier ein Stück von dem wieder miterleben konnten.

Jesoph wurde älter. Er konnte mittlerweile schon sprechen, trollte sich durchs Dorf und war jetzt bereits zu einem richtigen kleinen Jungen aufgewachsen.

 

Die dunkle Zeit kommt zurück

In dieser Zeit hörte man plötzlich öfters Geschrei aus dem Haus der Prinzessin ohne Land. Der Troubadour und die Prinzessin stritten. Auch sah man die Prinzessin mürrisch und wirsch durchs Dorf laufen und oft auch die Menschen anblaffen. Man sah den Troubadour immer öfters mit Jesoph allein. Jesoph war immer noch glücklich, liebte seinen Vater, den Troubadour, und seine Mutter, die Prinzessin ohne Land. Nur, es blieb so. Es kam öfters Geschrei aus dem Haus.

Eines Tages sah man den Troubadour mit seinem Gnom und Jesoph allein im Dorf. Er saß mit großen Augen in die Leere schauend unter der Linde. An diesem Tag sah man die Prinzessin mit blauen Flecken im Gesicht durchs Dorf laufen. Sie hatte ihren Gnom in der Hand und dieser, erinnerten sich die Menschen, sah wieder aus wie am Anfang.

Solche Szenen wiederholten sich.

Auch der Troubadour hatte plötzlich blaue Flecken, hinkte manchmal durchs Dorf und das Geschrei im Hause der beiden wurde immer mehr.

Alle Menschen drumherum konzentrierten sich auf Jesoph, weil dieses Kind so eine Lichtgestalt war, dass alle daran Freude hatten.

Den Troubadour sah man immer mehr alleine mit Jesoph und er schaute sehr traurig. Sein Gnom hing sehr eng an ihm und der machte gar keine gute Mine. Man sah deutlich, dass er sehr angestrengt war und viele erinnerten sich an früher, wie ihr eigener Gnom war.

Niemand wagte es dies beim Troubadour anzusprechen.

Es war offensichtlich: Die Prinzessin ohne Land und der Troubadour waren kein Paar mehr. Sie taten sich Gewalt an, ja sie schlugen sich in die Fresse. Und niemand wusste damit umzugehen.

Alle Gnome spürten jedoch, dass hier etwas passierte, was sie alle wieder betraf. Die Menschen fühlten sich alle an die grausamen Zeiten erinnert. Sie wollten damit nichts mehr in diesem glücklichen Land der Prinzessin ohne Land zu tun haben.

Eines Abends saß der alte Mann wieder beim Wirt. Der Wirt sagte: „Weißt Du eine Lösung?" Sein Gnom hing sehr an ihm und dieser schaute den Gnom des alten Mannes an, der auch eng umschlungen den Kopf auf die Brust des alten Mannes legte.

Der alte Mann schaute in sein Weinglas und sagte: „Nein, aber ich werde hingehen." Der Wirt sagte: „Danke." Der alte Mann erhob sich und ging zur Prinzessin ohne Land. Er hatte Angst. Ein Gefühl, das er schon seit langen Jahren nicht hatte und merkte, sein Gnom reagierte, und auch Wut stieg in seinem Bauch hoch. Ein Gefühl, was er eigentlich nicht mehr kannte.

Er fand die Prinzessin in dem Haus. Der Troubadour und Jesoph waren offensichtlich wieder weg. Er sagte: „Prinzessin ohne Land, ohne Dich wären wir alle nicht hier. Du hast damals den riesigen Mut gehabt, Deinen Gnom aus dem Verließ zu lassen, den Schlüssel wegzuwerfen, um uns allen den Mut zu geben, Dir hier her zu folgen. Prinzessin ohne Land, ich bin zu Dir gekommen, um Dir das noch einmal zu sagen. Ich habe Dir damals gesagt, als Du mit dem Troubadour zusammen gekommen bist, pass auf, die Nähe kann auffressen, die Nähe kann enttäuscht werden, die große Nähe kann grausam und aggressiv machen, Prinzessin. Wir kennen alle diese Welt aus der alten Welt und sie rückt wieder näher."

Der alte Mann schaute die Prinzessin an und wurde bleich.

Er sah am Hals der Prinzessin einen Schlüssel: den Schlüssel sah er.

Er und sein Gnom schauten panisch umher und suchten den Gnom der Prinzessin. Er war nicht da. Voller Angst schaute der alte Mann die Prinzessin an und flüsterte: „Prinzessin ohne Land, Du wirst doch nicht …" Die Prinzessin ohne Land unterbrach ihn und sagte: „Doch, Du blöder alter Mann. Diese Welt hier ist nur eine Illusion. Die gibt es gar nicht. Ihr seid alle Idioten und Naive. Meine Eltern hatten Recht. Alles, das was sie gesagt und gemacht hatten, war richtig. Hier ist es grausam. Hier ist die Illusion." Und dann, der alte Mann wartete fast darauf, sagte die Prinzessin leise „und ich gehe jetzt zurück."

 

Das Land ohne Prinzessin

Am anderen Tag hörte man den Troubadour laut schreien. Er stand unter der Linde und schrie und weinte herzzerbrechend. Er schrieb unentwegt: „Jesoph, wo bist Du? Jesoph, wo bist Du?"

Sein Gnom, der sich ebenfalls wieder zurück verwandelt hat, saß neben ihm auf dieser Bank und lächelte brutal. Das ganze Dorf kam zusammen und hörte diese Schreie. Der alte Mann, von seinem Gnom eng umschlungen, kämpfte sich vor und sagte: „Troubadour, sie ist weg mit Deinem Sohn Jesoph." Er stieg dann auf die Bank, die um die Linde herum war, streichelte seinen Gnom und sagte zu allen: „Wir sind jetzt hier ein Land ohne Prinzessin" und weinend verkündete er, dass die Prinzessin gestern wieder einen Schlüssel um den Hals hatte.

Panische Gesichter waren zu erkennen. Manche Gnome lächelten wieder brutal und der alte Mann bat um Ruhe und sagte: „Wir alle hier sind der Prinzessin zu Dank verpflichtet. Ohne ihren Auszug, ohne ihren Mut, hätten wir alle heute noch Schlüssel um den Hals und auch ich, mein lieber Gnom, würde Dich nicht so kennen." Der Gnom schmiegte sich zärtlich an den alten Mann. „Wir sind heute Waisenkinder geworden und jeder von uns muss jetzt selbst entscheiden, ob er im Land ohne Prinzessin weiterhin leben möchte."

Der Troubadour saß wie ein Häufchen Elend auf der Bank. Sein Gnom schmiegte sich wieder an ihn.

Zitternd stand der Troubadour auf, nahm seinen Gnom auf den Arm und kletterte auch auf die Bank. Er sah dem alten Mann ins Gesicht, weinte und sagte: „Danke, alter Mann!"

Der alte Mann streichelte ihm zärtlich über die Wange und sagte: „Troubadour, bist Du so weit?" Der Troubadour flüsterte: „Alter Mann, ich weiß es nicht, aber ich werde diesen Weg gehen." Man sah die beiden, der Troubadour und den alten Mann, wie sie sich zärtlich umarmten, beide Gnome an ihren Körpern.

Der Troubadour löste sich und wandte sich an die Dorfbewohner. Mit zittriger Stimme sprach er: „Wir sind der Prinzessin ohne Land in diesem Land ohne Prinzessin zu Dank verpflichtet. Ohne sie wären wir nicht hier. Ich habe viele Fehler in den letzten Monaten gemacht und ich habe schwere Schuld auf mich geladen. Und glaubt mir, ich habe großes Drängen in mir und große Lust in die Welt von früher zurück zu gehen, mir einen Schlüssel um den Hals zu hängen und mich an der Prinzessin grausam zu rächen: sie klaut mir meinen Sohn und der kann nichts dafür. Ich hasse sie. Nein, ich werde doch nicht in diese Welt zurück kehren."

Er zog sein Oberkleid aus und die Menge war erstaunt. Er sagte: „Schaut, ich habe keinen Schlüssel und ich werde keinen Schlüssel haben." Der Gnom legte sich wieder eng an ihn und er nahm ihn wieder auf den Arm. „Ich und mein Gnom werden zusammen bleiben und ich werde Wege finden, die ich nicht kenne, um meinem Sohn zu helfen, was die Prinzessin ohne Land auch immer mit ihm vorhat. Ich muss mit meinem Gnom zurück in die alte Welt." Die Menge raunte und einer sagte: „Troubadour, das ist lebensgefährlich. Der Troubadour schaute in die weite Ferne und sagte: „Ja, ich weiß. Ich habe nicht die Wahl. Ihr werdet das verstehen: Jesoph!"

Das Dorf war wie eine Kathedrale. Alle verstanden den Troubadour und alle dachten an Jesoph. Die Stille war jetzt dann definitiv vor lauterer Laute nicht mehr auszuhalten.

 

Die Prinzessin und die alte Welt

Zu jener Zeit erzählte man sich in der Stadt, dass die Prinzessin wieder zurück gekommen ist. Sie war, wie man sie damals kannte: grausam. Sie hatte einen Sohn dabei, der ihr Erbe sein sollte. Sie ließ die großen Festungsmauern neu aufbauen, setzte grausame Barone ein und sie konnte die altgewordenen Barone der Grausamkeit wieder aufleben lassen. Die Stadt war wieder wie früher. Viele freuten sich. Diejenigen, die nie ihren Schlüssel abgegeben hatten, freuten sich.

Man erzählte sich draußen vor den Toren gäbe es eine kleine Lehmhütte in dem ein Mensch und ein komisches Wesen lebte. Alle waren erstaunt, dass die Prinzessin das tolerierte. Manche raunten, dass er etwas mit dem Erbe der Prinzessin zu tun hätte, dem Sohn Jesoph. Niemand wusste, was er denn machte und warum er da war. Üblicherweise ließ die Prinzessin jegliche Ansammlung um die Mauern sofort abreißen. Die Menschen raunten, dass hier irgend ein Zauber war.

Eines Abends hörte man diese komische Kreatur mit dem komischen Gnom an seiner Seite laut schreien und weinen. Bis ins Herzen der Stadt hörte man ihn weinen. Nur die Aufmerksamen unter ihnen hatten bemerkt, dass an diesem Tag der Erbe der Prinzessin, Jesoph, zum ersten mal einen Schlüssel um den Hals trug. Das Geheule, das Weinen, das Geschrei dieses Wesens vor der Stadt ging tagelang.

 

Die Franziskanerkirche

Der geschundene Troubadour wachte aus seinem Tagtraum auf. Er lag mittlerweile auf dem Grab, stand auf und ging vor die Kirche. Der Mann vor der Kirche war noch da und sagte zu ihm: „Und, kann ich jetzt gehen oder muss ich noch bleiben?" Der Troubadour, der hinkte und überall Schmerzen hatte, sagte: „Nein, bleibe, ich brauche Dich noch. Ich muss mich um meinen Sohn kümmern und ich muss zwischen dem Land ohne Prinzessin und diesem grausamen Land, Wege finden, dass ich in beiden Ländern leben kann." Der Mann vor der Kirche schaute den Troubadour lange an und nickte dann still. Der Troubadour sagte: „Du weißt, dass ich eines Tages hier zurück kommen werde, weil ich hier neben der Prinzessin begraben gehöre." Der Mann nickte wieder still und der Troubadour bat ihn: „Bleibe hier, bis ich dann hier begraben bin."

 

Für ck.

Voraussichtlich ein allerletztes mal.

Betet für Jesoph, dass es einen Gott gibt.

Betet für den Troubadour, dass er nicht doch zum Schlüssel greift.

Betet für die Prinzessin ohne Land, damit sie ihren Schlüssel wieder wegwirft.

 

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