Rollenspiel
Es war ein Tag im Juli. Ich hatte eine Gruppe von 15 Leuten in einem Gesprächsführungsseminar über mehrere Tage vor mir sitzen. Nachdem sich die Teilnehmer kennen gelernt hatten, wollte ich von ihnen wissen, welche Erwartungen und welche Befürchtungen noch da seien bevor wir in das Thema einsteigen.
Es passiert nicht selten – und darum überraschte es mich kaum - , dass ein paar Teilnehmer äußerten, dass Rollenspiele vor der Kamera so künstlich wären und außerdem sowieso nie die reale Wirklichkeit abbilden. Nach einer kurzen Diskussion einigte sich dann die Gruppe, es doch zumindest einmal auszuprobieren und dann zu sehen, wie diese Proben der Realität wirken.
Ich bildete Gruppen, die jeweils eine typische Situation aus dem Arbeitsalltag vorbereiten sollten , um sie dann vor der Kamera in Bezug auf Gesprächsführungstechniken durchzugehen und sie danach analysieren zu können.Und schon bei der ersten Übung erlebten wir alle eine Überraschung: Die Gesprächsteilnehmer nahmen Platz und plötzlich legte der, der den Kunden darstellen sollte so realitätsnah los, dass wir alle erstaunt den Atem anhielten. Er stellte die Situation so wirklichkeitsgetreu dar, dass wir alle binnen von Sekunden nachvollziehen und miterleben konnten, welchen Bedingungen bzw. Gesprächen und Fragen die Teilnehmer im Alltag begegneten. Die Teilnehmer waren zutiefst beeindruckt, so dass nach Aufzeichnung diese Sequenz erst einmal eine begeisterte Äußerung der Teilnehmer nach der anderen laut wurde wie: „Oh, genau so ist es.“, oder „Das war ja toll, das ist ja hochinteressant. Euch geht es genauso wie mir, mir passiert das auch öfter.“, oder auch „Das war jetzt wirklich ein Erlebnis, jetzt konnte ich mal richtig spüren und sehen, wie das wirklich sonst auch im Alltag läuft.“, oder „Oh, das war wirklich eine sehr realistische Darstellung.“
Kurzum: Alle waren begeistert von diesem Mittel, Gespräche zu üben und neue Arten der Gesprächsführung durchzuführen und somit erstmal in Seminaren zu üben. Wir alle machten uns hochmotiviert an den Rest des Tages vom Seminar und nutzten diese Möglichkeit der Übung noch häufig und sehr erfolgreich.
Diese Episode ist mir noch lange im Gedächtnis geblieben und ein lebendiges Beispiel geworden für den Leitsatz: „Man sollte über nichts urteilen, was man nicht erst einmal ausprobiert hat.“