Das Lernen der Praktikanten oder unsere Schrauben-Babs
Praktikanten gehören zu so einem kleinen Betrieb, wie wir es sind dazu, schon aus Gründen der Berufsehre. Den psychologischen Nachwuchs fördern, ihm helfen, möglichst praktische Ahnung zu bekommen, in welchem Berufsbereich er sich entwickeln kann und persönliches Feedback geben, was man selbst empfiehlt, ist Ehrensache und gehört einfach dazu.
Es gibt manche Betriebe, die selektieren Praktikanten, testen an ihnen herum, wollen nur die Besten, und das alles, obwohl sie überhaupt keine offene Stelle haben, um nur solche vorzuselektieren, die sie, hätten sie eine Stelle, dann vielleicht auch anstellten. Ich finde das keine gute Haltung, da Praktikanten da sind, um zu lernen, um zu schnuppern, um noch ohne die Alltagssorgen eine reine Lernperspektive einnehmen zu können und dieses Lernen auch zu genießen.
In diesem Sinne, es ist schon einige Jahre her, hatten wir eine junge Dame im Hause, die intellektuell sehr begabt war und vor 10 oder 15 Jahren hätte man sie vielleicht als Tochter aus gutem Hause, die sicherlich auf einer höheren Töchterschule war, bezeichnet: Sehr gescheit, sehr ehrgeizig, sehr viel Buchwissen in sich gespeichert, in der Kritik messerscharf, von uns allen verlangend, dass jede Intervention auch fundiert und kritisch durchleuchtet war.
Sie merken schon, es war eine anstrengende Praktikantin und es war für uns alle eine Aufforderung, und eine Herausforderung, mit ihr zu einer Intervention zu gehen. Man wusste, es gab anstrengende Tage.
Und auch ihr Vorname war ihrer vornehmen Art Beispiel: Sie hieß Barbara.
Barbaras Praktikum endete Ende Juli, so dass sie, wie das seit Jahren bei uns üblich ist, in unserer KVP-Woche noch mit dabei war.
Und hier passierte nun das, was ich Ihnen eigentlich berichten möchte. In dieser Woche, bei uns PSEA-Woche genannt, ist immer der erste Akt, dass wir für die Ästhetik unserer Räume sorgen. Wir retouchieren, wir stellen eventuell um, wir ersetzen Kaputtes mit Neuem oder reparieren etc., so dass unsere Tage handwerklich orientiert sind. In unseren Räumen besteht das Licht aus 12 Volt-Halogen-Anlagen und unsere Barbara hatte einen Höllenrespekt vor elektrischem Strom. Wir gaben ihr die Aufgabe die kaputten Halogenlämpchen zu ersetzen und statteten sie aus mit einem kleinen Schraubenzieher, den entsprechenden Imbusschlüsseln, den entsprechenden Ersatzbirnen und sie konnte loslegen.
Am Anfang stand ihr die nackte Angst auf der Stirn, bis wir ihr zeigten, dass man 12 Volt ohne weiteres aushalten könnte. Mit herausgestreckter Zunge im Mundwinkel sah man die nächsten Tage Barbara auf der Leiter und mit immer entspannterem Gesicht die Strahler ersetzen. Das entspanntere Gesicht wechselte über ein stolzes zu einem sehr stolzen Gesicht und Barbara berichtet am Ende:
So etwas habe ich noch nie gemacht, ich hätte es mir nie zugetraut, ich bin sehr froh, dass ich dies machen konnte. Seither heißt Barbara bei uns die „Schrauben-Babs“ und das ist ganz liebevoll gemeint.
Somit ist es offensichtlich manchmal auch für Praktikantinnen und Praktikanten wichtig, etwas anderes zu lernen als Psychologie. Auch das sollten wir berücksichtigen.